Ja, Sehnsucht. Ein Gefühl, das dich an einen emotionalen Ort transportieren kann, an dem du dich jenseits der Realität fühlst. Aber leider auch ein Gefühl, das dich dazu bringen kann, dich aufzugeben und dir selbst nicht mehr treu zu sein.
Ich möchte dir heute ein bisschen davon erzählen, was gerade in mir vorgeht. Wenn du die Vorgeschichte dazu wissen möchtest, dann lies erst meinen Artikel der vergangenen Woche.
Wie ich durch meine Sehnsucht meinen eigenen Liebeskummer erzeugt habe
Ich werde jeden Tag mit dem Thema Liebeskummer konfrontiert. Normalerweise durch meine Klientinnen, aber derzeit bin ich selbst so nahe am Thema wie ich es lieber nicht wäre. Aber weil ich genau weiß wie ich mit Liebeskummer umgehen muss, und was gut tut, kann ich anders über meine persönliche Situation reflektieren.
Als ich den Mann, zu dem ich keinen Kontakt mehr habe, kennengelernt habe, hätte ich besser auf meine Intuition hören sollen. Und in den letzten Tagen haben sich meine Gedanken hauptsächlich um die Frage gedreht:
Warum habe ich nicht auf meine Intuition gehört und mich selbst in eine Situation manövriert, von der ich wusste, dass sie mir wehtun würde?
Und ich habe eine Antwort gefunden.
Ich habe Händchen mit meiner Sehnsucht gehalten.
Ich kann gut alleine sein, sogar sehr gut. Derzeit verbringe ich zwei Monate alleine in Zell am See und schreibe mein Buch. Es gibt hier keine Community oder Meetups, sodass ich eigentlich isoliert bin und den ganzen Tag mit mir alleine bin (abgesehen von Skype-Gesprächen mit meiner Familie und Freunden). Und es macht mir nichts aus, denn ich bin glücklich und zufrieden mit mir selbst.
Und trotzdem trage auch ich in mir die Sehnsucht nach einem Partner, mit dem ich auf einer sehr tiefen Ebene verbunden bin. Am Ende ist es doch das, wonach wir uns alle sehnen. Und genau diese Sehnsucht hat mich dazu gebracht, mein Bauchgefühl zu ignorieren und einen Mann kennenzulernen, von dem ich von Anfang an wusste, dass er mir wehtun kann – zumindest dachte ich das.
Meine Erkenntnis ist aber eine andere
Durch viele Übungen und viel schreiben habe ich den wahren Grund herausgefunden, warum ich so verletzt bin und an Liebeskummer leide. Und es ist ein rein selbst kreierter Schmerz, denn das was mir wehtut, ist nicht, dass es nicht funktioniert hat mit uns beiden oder die Auseinandersetzungen, die wir hatten oder die Ablehnung, die ich von ihm erfahren habe.
Es ist die Erkenntnis, dass ich mich selbst betrogen habe.
Ja, ich habe mich und meine eigenen Werte selbst betrogen. Ich habe meine eigenen Grenzen so weit nach unten gesetzt, damit dieser Mann in meine Vorstellungen passt.
Wie konnte das passieren?
Auch auf diese Frage habe ich eine ganz klare Antwort:
- Ich habe nicht auf meine Intuition gehört und mich auf ihn eingelassen.
- Ich habe angefangen mit ihm zu schlafen, was bei den meisten Frauen zur Folge hat, dass sie Oxytocin (ein Bindungshormon) produzieren, das dich – wenn du dich emotional nicht distanzieren kannst – früher oder später verliebt macht.
- Wir haben den gleichen Humor, unfassbar viel zusammen gelacht und sind gemeinsam verreist und haben dadurch gemeinsame Erinnerungen (die immer verbinden) erschaffen.
- Ich habe meine Grenzen so weit nach unten gesetzt, dass ich (für eine Zeit) den Mann in ihm sehen konnte, den ich mir an meiner Seite wünsche.
Das hat solange funktioniert bis wir an einem Punkt angekommen sind, an dem ich morgens im Bad vor dem Spiegel stand und mich gefragt habe:
Was machst du hier überhaupt? Wer bist du, Simone?!
Dieser Schlüsselmoment hat so sehr geschmerzt, denn es war der Moment, in dem ich gemerkt habe, dass ich mich selbst betrogen habe. Ich war mir nicht treu, nicht die Frau, die ich eigentlich bin.
Und der einzige Grund dafür war, dass ich Händchen mit meiner Sehnsucht gehalten habe.
Ich bin befinde mich im Prozess des Verzeihens
Muss ich ihm verzeihen? Nein, denn er hat mich nicht verletzt. Ja, wir hatten Auseinandersetzungen, aber er hat mich immer mit Respekt behandelt und niemals die Intention gehabt mich zu verletzten. Selbst als ihm gesagt habe, dass ich keinen Kontakt mehr möchte (ja, er hat sich nach seinem Verschwinden nochmal per WhatsApp gemeldet) hat er zwar gesagt, dass er traurig darüber ist, meine Entscheidung aber akzeptiert und sich seitdem auch daran gehalten.
Er ist ein guter Mensch, aber kein Mann, der zu mir passt.
Dem Menschen, dem ich verzeihen muss, bin ich selbst. Die Tatsache, dass ich mich selbst betrogen habe, schmerzt. Aber ich bin auf einem guten Weg mir dafür zu vergeben.
Verzeihen ist nicht mehr als die Akzeptanz, dass du die Vergangenheit nicht verändern kannst.
Das Wichtigste an dieser Erfahrung ist, dass ich daraus lerne, denn sie birgt, wie alle unsere Lebenserfahrungen, eine wichtige Lernaufgabe in sich.
Was möchte ich dir also aus meiner Erfahrung mitgeben?
- Höre auf deine Intuition. Sie ist ein Geschenk und dient als Schutzmechanismus vor Verletzungen.
- Sei dir treu! Setze deine Grenzen niemals für jemanden herab, nur um den einen Menschen in deine Vorstellung deines perfekten Partners zu drücken.
- Löse dich von deiner Sehnsucht und lass dich nicht von ihr steuern. Wenn du dich in so einer Situation befindest, dann frage dich (früher als ich!) warum du überhaupt mit diesem Menschen zusammen sein möchtest. Und sei ehrlich zu dir selbst, auch wenn es schwer ist.
- Übe dich in Selbstliebe. Mein Verhalten der vergangenen Monate und die „Beziehung“, die wir gelebt haben, war weit entfernt von Selbstliebe, denn ich habe Dinge akzeptiert, die einfach nicht gut für mich waren.
- Sei dankbar für alles was dir im Leben passiert.
Zu dir selbst zu stehen, ist nicht immer einfach, vor allem wenn so viele Emotionen involviert sind. Trotzdem bin ich unglaublich dankbar, dass mir genau das passiert ist, denn diese Erfahrung hat mir den Spiegel vorgehalten und mir gezeigt wie wichtig es ist, mir selbst treu zu sein. Und so etwas wird mir nicht mehr passieren!
Ich sehe diese Erfahrung als Chance, um zu wachsen und mich weiterzuentwickeln und damit meinem tatsächlich passenden Partner einen Schritt näher zu kommen.
Also, sei mutig! Sei wer du bist! Liebe dich selbst und lass niemals jemanden deine Grenzen überschreiten, nur weil du Sehnsucht nach etwas hast, das bereits auf dem Weg zu dir ist. Wenn du meine Unterstützung brauchst, lass es mich wissen.
Sei geduldig, alles im Leben hat einen Sinn <3
Foto: © piotr_marcinski
ich wollte Tim nicht kommentieren sondern selbst posten, sorry
Schön erklärt umd m.E. auch alles richtig. Wir sollten mehr auf unser Bauchgefühl hören.
Was aber, wenn man zwischen Kopf, Herz und Bauch (noch) nicht wirklich unterscheiden kann, weil man sich noch nicht selbst liebt… und deshalb seine Sehnsucht durch den anderen nicht erfüllt sieht?
So ist es mir passiert mit einer Frau. Aus einer an sich intakten Beziehung (also, auf Augenhöhe und mit starker seelischer und körperlicher Anziehung) heraus machte sie plötzlich Schluß, mit den Worten (Zitat): „Es tut mir leid, abet wir dürfen uns nicht mehr sehen! Denn mein Kopf sagt, du bist genau der Richtige. Und ja, du bist so, wie ich mir meinen Partner in der Tat immer gewünscht habe. Du hast all die Eigenschaften, die ich an einem Mann toll finde und tust mr gut. Aber du erfüllst die tiefe Sehnsucht in meinem Herzen nicht… Es tut mir so leid, dass du nicht dee Mensch bist, der ich für dich bin. Ich wünsche dir nur das Beste, du hast genau das nämlich verdient. Auch eine Partnerin, die dir all das zurück geben kann!“
Wenn ich unsere gemeinsame Zeit mit allen Höhen und Tiefen betrachte, dann komme ich irgendwie zum Schluß, dass diese an sich tolle Frau genau das tut, was du schreibst: Sie hält Händchen mit ihrer Sehnsucht. Aber es ist in dem Fall die Sehnsucht nach sich selbst!
Ja, sowas gibt es auch.
Man sucht dann den „symbiotischen Partner, dee einen doch bitte komplettieren soll, einen doch bitte ganz machen soll. Der einem dieses ewige Loch im Herzen (entstanden eigentlich durch fehlende Selbstliebe!) flicken wird, endlich mal…“
Statt das man sich seine Sehnsucht in der Beziehung jeweils selbst erfüllt und der Andere einen dabei liebevoll unterstützt und begleitet.
Alles andere ist in meinem Augen Projektion und macht abhängig.
Und dann fallen so Sätze wie: „Du machst mich glücklich!“ – auf den ersten Blick ein tolles Kompliment. Doch eigentlich, wenn man ihn mal ganz gensu betrachtet, ein ziemlich beängstigender Satz, oder?
Sehnsucht ja… aber man sollte dann bitte schauen, ob nach innen oder nach aussen. Und sich seine Sehnsüchte dann in dieser Reihenfolge erfüllen.
Hallo Simone, der Artikel trifft zur Zeit bei mir genau ins Schwarze. Ich hatte beim Lesen gerade tatsächlich Tränen in den Augen weil Deine Worte so viel so unglaublich gut beschreiben und ich für meine Situation keine richtigen Worte bzw geordneten Geadanken gefunden habe. Vielen lieben Dank dafür!!
Basti
Wow Tim, super Einstellung! Ich bin Single und würde dich gerne kennenlernen;-)
Wow. Erst beim Lesen der Punkte wurde mir bewusst, dass es bei mir eigentlich genauso war. Ich habe zu Beginn der Beziehung gezweifelt, aus verschiedenen Gründen, ich hätte auf mein Bauchgefühl hören sollen. Dennoch gebe ich mir nicht selbst die Schuld an der Trennung – er hängt noch zu sehr an seiner Ex-Frau und kann keine neue Beziehung eingehen. Das hätte ich vielleicht früher merken können, doch dafür ist es jetzt zu spät. Leider ist jetzt auch die Freundschaft, die wir vorher hatten, kaputt.
Ich danke dir für diese Seite! Noch nie habe ich über das Thema Liebeskummer und Selbstfindung so viel Hilfreiches und verständlich verpacktes gelesen. Auch dieser Artikel ist wieder großartig! Danke für diese vielen Anregungen :-)
Das freut mich sehr zu hören, Gisela! Sehr gerne :)
Liebe Grüße und ein gesundes neues Jahr
Deine Simone
Trifft den Nagel auf den Kopf! Perfekt geschrieben und auch ich finde mich (leider) darin wieder. Dennoch sehe ich die Situation jetzt auch als Chance, daran zu wachsen und nun zu wissen, wann ich besser gleich gehen sollte ;-)
Danke, liebe Petra, freut mich, dass dir mein Artikel gefällt!
Und viel mehr noch, dass du daraus lernst und daran wächst :)
Eine feste Umarmung für dich! <3
Deine Simone
Super geschrieben Simone!
Ich musste schmunzeln- genau in dieser Lage befand ich mich auch!!
Ja ja, die Sehnsucht – sie lässt uns Dinge machen …. von Illusionen bis Herabsetzungen …!
Da hilft nur reflektieren… und ehrlich sein … zu sich selbst!
Danke für deine tollen Artikel!
Herzliche Grüße, Bri
Danke, liebe Bri! :)
Ja, so ist es, Selbstreflexion und Ehrlichkeit sind der einzige Weg. Und auch wenn er schmerzhaft, er bringt dich unfassbar voran.
Alles Liebe,
deine Simone